Der Winter ist endgültig vorüber. Die Schneeglöckchen strahlen zwischen vertrocknetem Laub und die ersten Sonnenstrahlen spenden nach einem langen kalten Winter wohltuende Wärme. Doch bevor die Gartensaison so richtig anfängt, hat Heather Maude zur Tea Time eingeladen. Auf dem Herd dampft bereits ein Kessel mit heißem Wasser und auf dem Tisch stehen schon diese kleinen köstlichen Pies, für die Heather schon fast berühmt ist. Heute hat sie Lemon Meringue Pies gemacht.
Pünktlich wie immer betritt Maude durch die Hintertür die behagliche Küche in Heathers Cottage.
„Schön, dass du da bist“, begrüßt Heather ihre Freundin. „Der Tee ist gleich fertig.“
Heather setzt sich an den gedeckten Tisch und bewundert die liebevoll gebackenen Mini-Pies.
„Oh, die sehen ja köstlich aus!“, ruft sie voller Begeisterung. „Womit hast du die denn heute gefüllt?“, fragt sie noch.
„Mit Lemon Curd nach dem Rezept meiner Mutter. Wenn ich mich richtig erinnere, magst du Lemon Meringue Pies am liebsten“, antwortet Heather.
„Hast du die Zitronen bei Mr O’Donnelly gekauft?“, fragt Maude.
Und sofort beginnen die beiden Freundinnen herzhaft zu lachen. Mit Tränen in den Augen sagt Heather: „Frauenkleider“ und Maude entgegnet „Von ihrer Ladyschaft.“ Gleich darauf beginnt das Gejohle von Neuem.
Nachdem beide wieder Luft bekommen, sagt Maude: „Wirklich, Heather, die Geschichte ist einfach zu köstlich. Komm, erzähl die noch mal.“
Ein Geheimnis wird gelüftet
Heather lässt sich nicht lange bitten.
„Mr O’Donnelly hat früher mal als Gärtner bei Lady Hamilton gearbeitet. Jahrelang hat er zu ihrer vollsten Zufriedenheit alles erledigt, was im Garten so anfällt. Du weißt schon, Rasen mähen, Hecken schneiden und in einem Gewächshaus hat er Gemüse gezogen. Darauf war er immer besonders stolz“, erzählt Heather.
„Und wie jedes Jahr im Herbst nahm Mr O’Donnelly damit an dem Gemüsewettbewerb teil. Du weißt schon, wer das schönste Gemüse gezüchtet hat, gewinnt einen Pokal. Bisher hatte O’Donnelly immer verloren, doch in diesem Jahr machte er den ersten Platz. Mr O’Donnelly war außer sich vor Freude. Maude, das kannst du dir nicht vorstellen.“
„Nein, das kann ich wirklich nicht. Der ist ja immer so reserviert. Doch erzähl weiter!“, drängelt Maude.
„Im Pub wird der Pokalgewinn ausschweifend gefeiert. Nicht einmal als Nate, der Wirt vom „Flag and Arms“, zur Last Order gerufen hatte, fand die Feier ihr Ende. O’Donnelly spendierte allen, die noch im Pub waren, gleich zwei Runden. Nate soll darüber wohl die Stirn gerunzelt haben, wurde erzählt. Am nächsten Tag dann hatte O’Donnelly einen großen Hangover. Das kannst du dir wohl vorstellen, oder? Doch das war seine geringste Sorge“, erzählt Heather.
Und schon fangen die beiden wieder an zu lachen.
„Haha, seine geringste Sorge“, gluckst es aus Maude heraus.
„Am nächsten Morgen, als die ersten zur Arbeit fuhren, fanden sie O’Donnelly selig schlummernd am Rande des Dorfteichs“, erzählt Heather weiter.
„In Frauenkleidern“, ergänzt Maude
„Von ihrer Ladyschaft“, sagt Heather.
Und schon prusten die beiden wieder los.
„Das muss ja ausgesehen haben“, resümiert Maude. „Der hat ja so einen runden Kugelbauch. Davon hat das Kleid bestimmt einen langen Schlitz bekommen.“
„Nein, Maude, deine Fantasie ist einfach zu köstlich“, kichert Heather.
„Und woher weist du das eigentlich alles?“, fragt Maude.
„Warte, da muss ich doch mal überlegen. Ich glaube, das hat mir Elinor erzählt. Die ist nämlich bekannt mit der Mutter von Margery. Und die ist ja mal Mrs Roberts, der Köchin von Lady Hamilton, zur Hand gegangen. Für eine Garten-Party, du weißt schon. Hat sie aber nur einmal gemacht. Das arme Ding hat nämlich die Scones verdorben. Na, auf jeden Fall hat das Personal beim Tee über Finnegan den Gärtner getratscht, den man betrunken am Dorfteich gefunden hat. Im Abendkleid von ihrer Ladyschaft! Außerdem gab es das Gerücht, dass der Gärtner und die Lady etwas mit einander gehabt haben sollen. Der Skandal damals hat so viel Aufsehen erregt, dass sogar die Morning News über Finnegan O. berichtet hat. Und natürlich auch darüber, wie sich der stolze Gewinner des Gemüsewettbewerbs zum Narren gemacht hat. Das konnte ihre Ladyschaft wirklich nicht dulden. Ist ja klar, dass die ihn dann sofort entlassen hat.“
„Und wie ist der dann nach Carew Hill gekommen? Wusste Elinor das auch?“, fragt Maude.
„Elinor hat erzählt, dass der eines Tages einfach verschwunden war. Das ist jetzt beinahe zehn Jahre her. Und vor … lass mal überlegen … Maude, wann wurde O’Donnellys Gemüseladen in unserem Dorf geöffnet? Das weißt du doch bestimmt.“
„Hmmm, das muss ungefähr zehn Jahre her sein“, sagt Maude nach kurzem Überlegen.
„Das passt doch alles zusammen. Meinst du nicht auch, Maude?“, fragt Heather.
„Ja klar! So gut wie der sich mit Gemüse auskennt, glaube ich sofort, dass der mal Gärtner war. Aber heißt unser O’Donnelly denn überhaupt Finnegan?“, hakt Maude nach.
„Aber sicher!“, erwidert Heather
„Ach, was für eine köstliche Geschichte“, seufzt Maude.
Nachdem Maude einen Schluck Tee getrunken hat, fragt sie: „Wie war das denn heute, als du bei dem die Zitronen gekauft hast?“
„Gut, dass du fragst! Dieser O’Donnelly ist wirklich eine Plage, Maude“, antwortet Heather.
„Was hat er sich den diesmal erlaubt?“, will Maude wissen.
Worüber Heather sich geärgert hat und welchen Tipp Maude parat hat, liest du nach dem Rezept ↓
Rezept: Lemon Curd
Zutaten
für 12 Mini-Pies ø 8 cm
• für den Teig
- 150 g Weizenmehl
- 80 g Butter
- 1 EL Zucker
- etwas Wasser
• für die Füllung
- 1 Glas Lemon Curd
- 1 Eiweiß
- 40 g Zucker
• für die Panna Cotta
- 200 ml Sahne
- 2 EL Zucker
- 3/4 TL Agar-Agar
- 1/2 Vanilleschote
Zubereitung
Vorbereitungszeit: 10 Minuten
Zubereitungszeit: 50 Minuten
Teigruhe: 30 Minuten
• Teig
- Aus den Zutaten einen Knetteig herstellen. 30 Minuten kaltstellen.
- Den Teig dünn ausrollen, kreisrund ausstechen und in eingefettete Förmchen legen.
- Im vorgeheizten Backofen 10 – 15 Minuten bei 150 Grad backen, aus dem Ofen nehmen und ca. 1 Stunde abkühlen lassen.
• Panna Cotta
- Vanilleschote auskratzen.
- Sahne zusammen mit Zucker, Vanillemark in einen Topf geben. Agar-Agar mit einem Schneebesen unterrühren. Unter ständigem Rühren 10 Minuten kochen.
- Panna Cotta in eine Schale füllen und fest werden lassen. Dass dauert mehrer Stunden.
Merke: Agar-Agar dickt erst beim Abkühlen ein. Die Panna Cotta ist beim Abfüllen deshalb noch flüssig.
• Füllung
- Eiweiß steif schlagen, nach und nach Zucker dazugeben und gut durchschlagen.
- Eiweißmasse in einen Spritzbeutel mit Sternentülle füllen.
- Vorgebackene Teigförmchen aus der Form lösen, auf ein Backblech stellen und mit drei Teelöffeln Panna Cotta füllen. Die Panna Cotta gleichmäßig auf dem Boden verteilen.
- Auf der Panna Cotta 1 Teelöffel Lemon Curd geben und gleichmäßig darauf verteilen.
- Darauf mit dem Spritzbeutel eine große oder mehrere kleine Eiweißrosetten setzen.
- Im vorgeheizten Backofen 5 – 10 Minuten bei 180 Grad backen. Wenn die Spitzen der Eiweißrosetten braun werden, müssen die Lemon Meringue Pies aus dem Ofen genommen werden, damit das Eiweiß noch weich ist.
Nährwertangaben/Pie
Kohlenhydrate | Eiweiß | Ballaststoffe | Fett |
---|---|---|---|
21,9 g davon Zucker: 13,1 g | 3,2 g | 0,6 g | 14,1 g |
Das Glukose-Fruktose-Verhältnis beträgt 1,3 : 1.
Meine Praxis-Tipps
- Du kannst den Teig für die Lemon Meringue Pies bereits am Tag zuvor backen und auch die Panna Cotta kochen. Dann sind die Lemon Meringue Pies am Tag, an dem du sie brauchst sehr schnell fertig.
- Die Panna Cotta muss unbedingt abgekühlt sein, bevor du sie in die Teigförmchen füllst. Ist die Panna Cotta noch flüssig, weicht das den Teig auf und sickert durch.
Fortsetzung der Geschichte
„Für den Lemon Curd wollte ich Bio-Zitronen haben. Und kaum hatte ich danach gefragt, fing der schon wieder an: ‚Weshalb woll’n Se denn Bio-Zitronen hab’n, Mam? Die annnern sind Ihn’n wohl nicht gut genug?‚ äffte Heather den schnoddrigen Tonfall von O’Donnelly nach.
„Und, was hast du gesagt?“, fragt Maude voller Erwartung.
„Das, was man eben so sagt. Dass ihn das gar nichts angeht. Ich war ja viel zu überrascht von dem, was er da wieder von sich gegeben hat.“
„‚Mam, ich denk ja nur an die Preise. Die Normalen sin‘ viel billiger und g’nauso gut‘ hat er darauf geantwortet. Pah, da habe ich ihm aber was erzählt. Von wegen genauso gut. Die Schale wird gespritzt und außerdem kommen chemische Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. So etwas will ich nicht meinem Lemon Curd haben und in den Lemon Meringue Pies schon gar nicht! Da hat er dann nichts mehr gesagt. Hat mir meine Bio-Zitronen in die Hand gedrückt und ich habe schnellstens den Laden verlassen.“
„Der ist ja wirklich fürchterlich. Warum stellst du ihn dir nicht in einem Kleid mit langem Schlitz vor, wenn du das nächstes Mal da einkaufst?“, tröstet Maude ihre Freundin Heather.
Bei dem Gedanken daran fangen beide Freundinnen wieder an herzhaft, zu lachen. Und dann trinken die beiden noch eine Tasse Tee und essen Lemon Meringue Pies dazu.
Guten Appetit wünscht
Inga,
die Jahreszeitenköchin
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Hinter den Kulissen
Im Internet gibt es Lemon Meringue Pie-Rezepte zu hauf. Das war mir, als ich dieses Rezept erdacht habe, nicht bewusst. Während ich den Lemon Curd gekocht habe, dachte ich nämlich darüber nach, was mir eine Freundin erzählt hat. Sie hatte in England eine leckere Pie mit Lemon Curd gegessen. Das Besondere daran war die Baiserhaube auf dem Lemon Curd, erzählte sie mir.
Während ich also den Lemon Curd rührte, dachte ich darüber nach, wie ich so eine Pie wohl zubereiten könnte. Einen Baiser zu backen, ist genauso wenig ein Problem wie einen Mürbeteig für die Pie. Lemon Curd koche ich ja gerade, was noch fehlt, ist die Füllung. Lemon Curd allein ist mir zu wenig und geschmacklich zu intensiv. Ich wollte den Curd mit etwas Cremigen kombinieren. Panna Cotta kam mir dabei in den Sinn.
Und dann fing die Tüftelei an. Förmchen backen, sämige Panna Cotta hinein füllen, Lemon Curd und Eiweiß darauf und backen. Wie gut, dass die vorgebackenen Teigförmchen noch in der Form waren, sonst hätte ich eine große Sauerei im Ofen verursacht. Denn die Panna Cotta hat den Teig aufgeweicht, konnte deshalb hindurchsickern und sich in der Form verteilen.
Nächster Versuch, Lemon Meringue Pies mit Panna Cotta zu backen. Gleiches Vorgehen, nur dass die Panna Cotta vollständig abgekühlt ist. Diesmal ist diese Cotta dort geblieben, wo sie sein sollte. Somit kann ich die vorgebackenen Teigförmchen für die Fertigstellung aus der Form nehmen und auf einem Backblech verteilen kann. Damit erspare ich mir auch einiges an Zeit und Hektik, weil ich die Teigförmchen nun bereits am Vortag backe. Zur Tea Time muss ich die vorgebackenen Teigförmchen nur noch füllen und kurz backen.
Quellen
- eigenes Rezept
- eigene Erfahrungen
- eigenes Wissen