Wer kennt das nicht: Endlich liegt die lange herbeigesehnte Neuerscheinung im Briefkasten. Mit großer Vorfreude wird der Einband bewundert und schließlich mit einem leisen Knistern und großen Erwartungen aufgeschlagen. Und dann erlebt man eine unerwartete Überraschung.
So ging es mir, als ich “Die Risotto-Bibel” in Händen hielt. Der Einband ist verlockend, macht Appetit, verspricht Tipps und Rezepte vom Risotto-Weltmeister. Und dann erlebe ich auch schon die erste Überraschung.
Auf 224 Seiten ist “Die Risotto-Bibel” angefüllt mit Rezepten. Auf dem Einband ist vermerkt, dass es “75 feine Variationen des italienischen Klassikers” sein sollen, auf der ersten Einbandseite sind es dann schon achtzig. Wie viele es genau sind, habe ich nicht gezählt. Spielt auch keine allzu große Rolle. Die Auswahl ist groß genug.
Die Rezete sind eingeteilt in
- Risotto Grundrezept
- Vegetarisch
- Fleisch
- Fisch
- Meeresfrüchte
- Rezepte weiterer Meister
- Fonds
Vegetarische Risotto-Rezepte
Im Inhaltsverzeichnis fällt mir die Orientierung nicht schwer. Als Vegetarierin schaue ich mir doch zuerst einmal die vegetarischen Rezepte an. Das Blutorangen-Risotto wird von einem Erbsen-Risotto mit Spargelspitzen gefolgt. Und dann wird es auch schon interessant.
Denn jetzt werden Paprikaschoten mit einem Tomaten-Feta-Risotto gefüllt. Und etwas weiter im Buch folgt eine Quiche, die mit einem Oliven-Tomaten-Risotto belegt ist. Das klingt nun mal wirklich außergewöhnlich! Sollte ich aber wirklich demnächst mal ausprobieren.
Und so blättere ich weiter durch die vegetarischen Risotto-Rezepte. Dabei fällt mir auf, dass Risotto-Weltmeister Holger Zurbrüggen Risotto gerne mit Früchten zubereitet. Mal sind es Pflaumen (Safran-Risotto mit karamellisierten Pflaumen), mal Granatapfel (Grantapfel-Risotto mit Walnüssen, Rucola und Roquefort) oder Pfirsiche (Zitronengras-Risotto mit Bergpfirsiche, Erdnüssen und Harissa).
Und hier macht sich auch schon der asiatische Einfluss bemerkbar. Denn die Rezepte von Holger Zurbrüggen enthalten oft Zitronengras, Galgant, Thai-Basilikum, Kaffirlimettenblätter, Koriander und Sternanis.
Aber auch die Leckermäuler kommen hier nicht zu kurz. Mir scheint, als ob extra für die Schokoladenfans ein Schokoladenrisotto gekocht wurde. Allerdings wird diese nicht einfach so auf einem Teller serviert. Nein, es kommt hübsch verpackt im Frühlingsrollenteig daher. Wenn das nichts für den Nachmittagstee ist!
Indes macht mich das Kürbisrisotto sehr neugierig. Hier wird der Hokkaido-Kürbis pikant mit Chili gewürzt und mit Amaretto abgeschmeckt. Dieses Rezept steht schon jetzt auf meiner Nachkoch-Liste.
Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte
Der Kochstil, den ich bei den vegetarischen Rezepten entdecken durfte, setzt sich in den Teilen für Fleisch- und Fisch-Esser fort. Mal wird das Risotto auf dem Teller kredenzt, mal gebacken, mal als Wan Tan gedämpft oder im Blätterteig-Hörnchen, als Wirsing-Roulade, Kroketten, Ravioli oder Calzone serviert. Die Varianten sind abwechslungsreich und regen meine Kreativität an.
Als Vegetarierin haben ich diesen Teil zwar nur durchgeblättert, denn mit einem gefüllten Rebhuhn kann ich nichts anfangen. An einigen Rezepten bin ich aber doch hängen geblieben. Im Fleischteil habe ich ein Auberginen-Risotto mit Pinienkernen und Tête de Moine gefunden. Warum das in diesem Rezeptteil untergebracht wurde, hat sich mir erst auf den zweiten Blick erschlossen: Es wird mit Geflügelfond zubereitet.
Das gleiche ist mir bei weiteren Rezepten aufgefallen. Einzig der Fond bestimmt die Zuordnung in die Fleisch-Kategorie. Vermutlich ist Herr Zurbrüggen wenig amused, wenn ich behaupte, dass es mit einem Gemüsefond genauso gut schmeckt. Für mich als langjährige Vegetarierin ist es gängige Praxis, Rezepte in dieser Art abzuwandeln.
Ein genauerer Blick in diese Rubriken lohnt sich für Vegetarier*innen in jedem Fall. Denn hier habe ich viele Rezepte gefunden, bei denen Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchte weggelassen werden können. Der Fond kann dann durch Gemüsefond ersetzt werden. Nach meinem Empfinden werden diese Risottos dann trotzdem lecker schmecken.
Das wären z. B.
- Artischocken-Risotto mit Lammfilet (das Lammfilet wird auf das Risotto gelegt)
- Gemüse-Risotto mit Lammkarre und Foie gras (das Lammkarree wird separat zubereitet und zusammen mit der Foie gras aufgelegt)
- Kirsch-Risotto mit Foie gras und Pumpernickel (das Kirsch-Risotto wird einzeln zubereitet)
- Bärlauch-Risotto mit grünem Apfel und geräucherter Makrele (die Makrele wird zum Schluss aufgelegt)
- Risotto mit Tomatenpulver, Oliven und Jakobsmuscheln (Jakobsmuscheln und Risotto werden getrennt zubereitet)
Diese Liste lässt noch weiter fortsetzen.
Mein Fazit über “Die Risotto-Bibel” von Holger Zurbrüggen
Auch als Vegetarierin finde ich die Rezepte allesamt interessant und inspirierend. Allerdings vermisse ich Fotos. In meinen Augen lebt ein Kochbuch von der visuellen Darstellung der Rezepte. Ist etwas schön auf einem Teller angerichtet, regt es den Appetit an und macht Lust zum Nachkochen. Das kommt für meinen Geschmack hier viel zu kurz.
Im Grunde ist das erstaunlich, da der Fotograf Marcin Mucha sogar auf dem Titel erwähnt wird. Gerade einmal 18 Rezepte, das Grundrezept inklusive, sind durch Fotos illustriert. Die sind allerdings sehr ästethisch und gelungen.
Bei dieser überschaubaren Anzahl an Abbildungen ist schon einiges an Fantasie gefragt, um sich vorzustellen, wie das fertige Risotto wohl aussieht. Das ist wirklich sehr schade.
Der Umschlag wurde sehr ansprechend von Regina Degenkolbe gestaltet. Das hat mich eingeladen, das Buch zur Hand zu nehmen, um darin zu blättern. Dazu scheint das Layout so gar nicht zu passen.
Als ehemaliger Layouterin behagt mir der Mittelachssatz überhaupt nicht. Wohl gemerkt: Alles ist so gesetzt. Auch die Arbeitsanweisungen. Für die Zutatenliste finde ich das durchaus passend und würde es auch so machen. Doch für die Arbeitsanweisungen hätte mir ein konventioneller linksbündiger Satz besser gefallen. Allein schon wegen der Lesbarkeit. So finde ich es schwer lesbar, zumal alle Arbeitsschritte ohne Nummerierung daherkommen. Damit eignet sich für mich dieses wirklich sehr interessante Kochbuch nicht, um direkt daraus zu kochen. Aber wie sagt man so schön: Es ist eben Geschmackssache.
Was soll ich dir nun raten? Kaufen oder nicht? Wenn du Spaß an außergewöhnlichen Rezepten hast, dann gönn dir „Die Risotto-Bibel“. Dafür sind 32,99 Euro gut angelegtes Geld. Wenn du aber Kochbücher kaufst, weil gerne schöne Fotos anschaust, um dich inspirieren zu lassen, dann wirst du vermutlich enttäuscht. Welcher Typ bist du?
Viel Freude mit diesem außergewöhnlichen Kochbuch wünscht
Inga,
die Jahreszeitenköchin
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Verlagsangaben
Die Risotto-Bibel von Holger Zurbrüggen und Marcin Jucha
Christian Verlag
224 Seiten
30 Abbildungen
Hardcover
ISBN: 978-3-95961-667-6
erschienen am 20. Juli 2022
Bildnachweis
Fotos: Inga Landwehr/Jahreszeitenkueche.de
Buchcover: Christian
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Ich versichere, dass ich diese Buchbesprechung aus eigener Motivation geschrieben habe. Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar beim Verlag angefordert. Es wurde mir kostenfrei zugesandt. Ein Honorar wurde für diese Buchbesprechung weder vereinbart noch gezahlt.