Schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, das ich hier gerne vorstellen wollte. Doch mit „Kuchen backen in Kigali“ von Gaile Parkin ist das anders. Zugegeben, ich hatte es nur wegen der Wörter „Kuchen backen“ getauscht, ohne zu wissen, worum es in diesem Buch nun wirklich geht. Aber Kuchen backen klang in meinen Ohren verlockend, bin ich doch eine begeisterte Bäckerin. Und die Ortsbezeichnung „Kigali“ versprach Inspiration aus der afrikanischen Küche, die mir bisher fremd ist.
Natürlich ging es in diesem Roman auch um Kuchen backen, aber Inspirationen habe ich darin nicht gefunden. Dafür aber viel, viel mehr …
Kuchen backen in Kigali
„Hast du etwas zu feiern, dann geh zu Angel. Sie backt den besten Kuchen in ganz Kigali.“ Das wird jedem gesagt, der einen Kuchen für eine Feier braucht. Auch ich machte mich schließlich auf den Weg, um Angel zu treffen.
Angel, eine Frau in mittleren Jahren, die immer mit aufsteigender Hitze zu kämpfen hat, nimmt sich für jede Kundin Zeit. Denn meistens sind es Frauen, die einen Kuchen bei ihr bestellen. Den aber bestellt man nicht einfach und geht dann wieder. Nein, der Kuchen, den Angel backen soll, muss genau zum Anlass passen. Denn sie ist ja eine Professionelle mit Bestellformular.
Doch bevor sie sich genauer nach dem Anlass erkundigt, bereitet sie in der Küche zunächst einen traditionellen Gewürztee zu. Steht der Tee dann auf dem Tisch, wird die geschätzte Kundin aufgefordert, etwas mehr zu erzählen. Doch anstatt einfach nur von dem bevorstehenden Ereignis zu berichten, für das der Kuchen gebraucht wird, erzählen die Menschen ihre persönliche Geschichte.
Auch ich erfahre so von Seite zu Seite mehr über das Leben der Ruander. Da wird eine Taufe gefeiert, dort ein Geburtstag und schließlich der Unabhängigkeitstag. Doch hinter allem, was sich so leicht und fröhlich liest, stehen Schicksale. Schwere menschliche Schicksale, von denen die Krankheit, wie AIDS dort genannt wird, mir die geringste zu sein scheint – wengleich diese eine große Bürde für die Betroffenen und deren Angehörigen ist.
Mit jedem Kuchen offenbart sich ein Stück Geschichte
Ich erfahre einiges über die Rolle der Frau in einer traditionellen und von Männern geprägten Gesellschaft. Auch lese ich Geschichten, die Mut machen und Hoffnung geben in einem gespaltenen Land. In kleinen Portionen verpackt werden mir die Folgen des Konfliktes zwischen Hutu und Tutsi** näher gebracht. Es ist ein erschütterndes Thema, dass die Ruander nachhaltig traumatisierte.
Angel würde niemals über einen Kunden tratschen oder eine ihr anvertraute Geschichte weitererzählen. Dennoch möchte ich ein wenig von dem wiedergeben, was Françoise erzählte. Sie und ihr Mann hatten Freunde und Nachbarn in Hohlräumen ihres Hauses versteckt, wohl wissend, dass sie damit ihr Leben riskierten.
Als Françoise eines Abends nach Hause kommt, muss sie zusehen, wie vor ihrem Haus Menschen brutal ermordet werden. Darunter auch ihr Mann und ihr Sohn.
Mich hat diese Geschichte nicht nur tief berührt, sondern auch an das gemahnt, was derzeit in Deutschland passiert. Es ist schlimm, dass immer wieder Menschen aus nichtigen Gründen verfolgt und getötet werden. Menschen, die vor Gewalt, Verfolgung und Krieg fliehen, muss geholfen werden. Menschen, die das nicht tun oder vereiteln, sind zu verurteilen! Trotzdem passiert es täglich auf unseren Straßen und an unseren Küsten. Das sollte Vergangenheit sein, die sich nie, nie wiederholen wird.
Die Weisheit liegt in einer Tasse Chai
Trotz aller Ernsthaftigkeit, ist „Kuchen backen in Kigali“ auch ein heiteres, leichtes Buch. Angel, die Hauptprotagonistin ist zwar unberührt von den vergangenen Gewalttaten, aber nicht unbelastet. Der Tod ihrer Kinder hat auch auf ihrer Seele Spuren hinterlassen. Trotzdem ist sie eine interessierte und geduldige Zuhörerin. Bei einer Tasse Chai-Tee teilt sie die leidvollen Erinnerungen ihrer Kundinnen und Freunde. So schafft sie es immer wieder, zu vermitteln und Menschen miteinander zu versöhnen. Denn dann haben die Menschen in Kigali wieder einmal einen Grund, um zu feiern. Und Angel backt dafür nur all zu gerne einen Kuchen.
Gute Unterhaltung wünscht
Inga,
die Jahreszeitenköchin
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**) Am 7. April 1994 begann der grausame Völkermord an den Tutsi. Etwa 100 Tage lang glich Ruanda einem einzigen Schlachtfeld – kein Tutsi war mehr irgendwo sicher.
Verlagsangaben
Gaile Parkin: Kuchen backen in Kigali
Ullstein
352 Seiten
ISBN: 978-355-092005-9
erschienen am 12. August 2009
übersetzt von Maja Ueberle-Pfaff
Bildnachweis
Titelbild: Inga Landwehr/Jahreszeitenkueche.de
Buchcover: Ullstein Verlag
Hinter den Kulissen
Ohne diesen wunderbaren Roman wäre ich nie auf die Idee gekommen, Muffins zu backen. Seitdem habe ich diverse Male Muffins gebacken. Dies sind meine Muffins-Rezepte.
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Ich versichere, dass ich diese Buchbesprechung aus eigener Motivation geschrieben habe. Ich habe das Buch bei Tauschticket* getauscht. Meinem Konto bei Tauschticket werden zwei Tickets gutgeschrieben werden, wenn du dich über diesen Link* registrierst.
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